Inhalt | Kindheitsorte zu besuchen sind fest vorgenommene Reisen. AffinitĂ€t zu den GroĂeltern, vom Familienroman fast gefordert, verspricht besonderen Zauber. Kinder von FlĂŒchtlingen und Vertriebenen kennen zwei Arten solcher Orte: die selbst erlebten und die, die sie nach den ErzĂ€hlungen der Familie hĂ€tten haben können. Margit Eschenbach teilt das Schicksal einer Generation, geboren Mitte des letzten Jahrhunderts. FĂŒr Eigentlich sind wir (auch) von hier reist sie mit ihrer DV-Kamera mit Einbein-Stativ nach Ostpreussen. Ins polnische Branjewo, damals Braunsberg, und in die russische Enklave Kaliningrad, Königsberg. Sie reist alleine, aber in Kenntnis des leichten Familienarchivs: Fotos und erzĂ€hlte Erinnerungen. Sie besucht Orte ihrer Familie im kritischen Bewusstsein historischer ZusammenhĂ€nge, macht vorsichtig Bekanntschaften, fĂŒhrt GesprĂ€che, beobachtet.
Eschenbachs âCamera styloâ-Blick ist weder touristisch noch verschĂ€mt. Er bleibt offen, auf Augenhöhe, ist weder arrogant noch unterwĂŒrfig. Ăber den Wechsel der Landschaften, Orte und Jahreszeiten, zusammen mit den Fotos der Familie, bildet sich ein erzĂ€hlerischer Bogen mit mehreren Kapiteln und Schichten: GroĂeltern, Jugend der Eltern, Krieg, Flucht und Vertreibung und die eigene Wahrnehmung von Geschichte.
Ein umsichtig formulierter und sorgfÀltig in den Film eingewobe- ner Kommentar liefert knapp und prÀzise die notwendigen Infor- mationen und begleitet ansonsten Suchen und Schauen, Nach- denken und Verstehen. Auch unbeantwortbare Fragen werden aufgeworfen und Antworten mehr vorgeschlagen als aufgezwun- gen. Damit ist das Publikum zum Mitdenken einbezogen. (pp Programm Visions du Réel) |