Inhalt | "Ehe das tibetische Hochplateau entstand, hatte sich vor über 200 Millionen Jahren das neotethysche Meer über weite Teile Asiens erstreckt. Noch heute zeugen Salzseen davon. Seit altersher bilden sie ein wirtschaftliches Fundament des tibeti- schen Volkes. Doch Salz ist weit mehr. Seine Gewinnung, ein gewöhnlicher wirtschaftlicher Vorgang, ist traditionell zutiefst religiös begründet und ritualisiert. Allein Männern ist diese Arbeit vorbehalten. Frauen dürfen das Gebiet, wo Salz geschabt wird, nicht betreten, wollen sie nicht die Göttin des Salzsees erbosen und die Ernte gefährden. «Salz ist unser Leben» bekundet ein Tibeter im eindrucksvollen, mit grossem Einfühlungsvermögen realisierten Filmporträt die salzmänner von Tibet, das Ulrike Koch ihnen und ihren Familien gewidmet hat. Auch sie hatte das rituelle Verbot zu beachten und dem See fernzubleiben. Dennoch erhielt sie Gelegenheit, eine Gruppe
von vier Männern mit ihren Yaks auf der beschwerlichen, mehrwöchigen Reise zu einem Salzsee zu begleiten. Behördliche Widerstände machten es erforderlich, dass ihr ausgezeichneter Kameramann Pio Corradi mit einer kleinen, unscheinbaren Digital-Videokamera filmen musste. Das aber erlaubte es der Autorin, auch bei der eigentlichen Salzgewinnung aus Distanz nahe dabei zu sein. Diese zurückhaltende Anteilnahme ist typisch für den ganzen Film und zeugt von gegenseitigem Respekt und von Offenheit. Die Kamera sucht Nähe, wo erlaubt, und zeigt umgekehrt die Menschen inmitten einer überwältigenden Land- schaft. Mit ausserordentlicher Gelassenheit versteht sie zudem auf überraschende Situationen zu reagieren. Nicht minder präsent ist die Tonspur, die auf jeglichen Kommentar verzichtet. Spontane Rede, rituelle Gesänge und Worte helfen, sich in der faszinierend fremden Welt zu orientieren. Wo die Männer sich allerdings in der Geheimsprache ihrer Profession verständigen, geben die Untertitel ebenfalls nur kryptische Zeichen wieder. Klanglich kommen die zwei Welten aber zusammen. Ein deutscher Saxophonist und zwei tibetische Mönche auf ihren traditionellen Instrumenten finden eine musikalische Entsprechung zu der bestechenden Schönheit und Ruhe dieses Films. Dergestalt präsentiert sich die salzmänner von tibet als ein schlichtes, präzises Dokument einer leider aussterbenden Kultur." [Programmheft Visions du Réel] |