Inhalt | "Blutrache ist mehr als die Vergeltung eines Mordes. Sie ist einge- bunden in ein soziales System, das sämtliche Mitglieder zweier Familien in die rituelle Pflicht nimmt. Als teilnehmender Beobachter und aus unterschiedlichen Perspektiven verfolgt der polnische Regisseur Jerzy Sladkowski im Film Vendetta – Blutrache in Albanien die tragischen Konsequenzen eines Mordes, der in der Abgeschiedenheit der Berge Nordalbaniens verübt wurde. Wie es der alt überlieferte «Kanon» dieser stolzen, waffenliebenden Kultur verlangt, muss der Vater des Ermordeten seine Ehre verteidigen und gegenüber der einst befreundeten Familie des Mörders Blutrache üben oder ihr endgültig vergeben. Beides fällt dem besonnenen Murat schwer. Um darob nicht den Verstand zu verlieren, rast er mit seinem Pferdewagen wie ein Irrer durch die Gegend. Er ist ebenso Gefangener einer Tradition wie der Mörder und alle Männer von dessen Sippe, die sich versteckt halten. Sladkowski bewegt sich als aufmerksamer Chronist leichtfüssig zwischen diesen Fronten und bemüht sich, seine angestammte Rolle vergessend, zu einer gütlichen Lösung beizutragen. Wenn ihm am Ende doch nur die Ehre des filmenden Gastes zugestan- den wird, so hat er mit vendetta immerhin ein ethnographisch ausserordentlich präzises, schlichtes und zugleich raffiniert gestaltetes, zurückhaltend kommentiertes Filmdokument geschaffen. An einem konkreten Fallbeispiel fächert es die albanische Variante der traditionellen «Blutrache» als gesamtgesellschaftliches Pänomen auf." (mg, Visions du Réel) |