Inhalt | "Sie hat sich dafür entschieden. In ein paar Monaten wird die Filmemacherin Sibylle Stürmer ihr zweites Kind bekommen. Und dann? Wer wird sie dann sein? Wie wird sich ihr Alltag verändern? Fragen, die Männern selten und bestenfalls in theoretischem bis philosophischem Kontext gestellt werden. Unter Frauen sind sie allgegenwärtig und die Antwort darauf ist eine Binsenweisheit: „Nach einem Kind, und erst recht nach dem zweiten, ist Dein Leben nicht mehr, was es mal war.“ Dieses Verdikt, mal seufzend mal kokett, mal mit verklärtem Blick ausgesprochen kennt natürlich auch Sibylle Stürmer. Aber stimmt es denn wirklich, und vor allem, was bedeutet es konkret für ihr eigenes, einziges Leben?
Statt diese Frage in stiller Selbstzerfleischung zum Problem werden zu lassen, geht die Filmemacherin mit ihr auf Erkundungsreise. Sie besucht andere Mütter: Ihre Freundin, ihre Friseuse, aber vor allem Frauen wie die Fotografin Herlinde Koelbl oder die Sängerin Joy Delalane. Künstlerinnen, die eines oder mehrere Kinder großziehen oder groß gezogen haben. Neugierig fragt Sibylle Stürmer nach ihren Erfahrungen und hört Geschichten, so unterschiedlich wie die Frauen selbst. Da erzählt die bildende Künstlerin Marianne Tralau, von der großen Uhr, die sie ins Fenster stellte, damit die Kinder wenigstens mal eine Stunde draußen spielen. Eine kostbare Stunde, in der sie dann in Ruhe arbeiten konnte. Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz beschreibt, wie sich ihre Definition von Kreativität durch die Kinder verändert hat und die Sängerin Joy Delalane hätte ihre Platte vielleicht gar nicht gemacht, ohne ihr Kind.
All das ist niemals pathetisch sondern immer lebensnah und oft lustig – so wie Sybille Stürmer auch ihre eigenen Muttererfahrungen lustig und lustvoll einfließen lässt: In strengen, wie komponiert wirkenden Bildern, fängt sie absurde Spielplatzrituale ein und ihre Angst, dass sie jetzt nur noch hier sitzen wird mit einer Tupperdose voll klein geschnittener Äpfel. In Slapstick-artigen Szenen begutachtet sie ihren dicker werdenden Bauch, kämpft sich gemeinsam mit ihrem Mann durch Ikea-Kindermöbel-Abteilung und versucht zu guter letzt einen Still- BH zu kaufen. In Großaufnahme werden gemeinsam mit der fünfjährigen Tochter Ostereier bemalt, so nah, dass man die feuchte Farbe auf Fingern, Kleidern und dem Tisch fast fühlen kann.
Mit geschultem Auge entdeckt die Filmemacherin die Bedeutsamkeit des scheinbar Banalen und schafft es, falsches Pathos ebenso zu vermeiden wie angestrengte Problematisierung. So schafft Sibylle Stürmer Raum für die poetischen wie die absurden Momente im Alltag mit Kindern. Mit subversivem Humor unterläuft sie die gängigen Mutter-Klischees, um sich ihr eigenes Bild zu machen von ihrem zukünftigen Leben als Filmemacherin mit zwei Kindern. (Text: Sigrun Matthiesen) (http://www.ladoc.de/film.php?id=214) |