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Details

Fresh Art Daily

Titelangaben

TitelFresh Art Daily

Allgemeine Angaben

LandDeutschland
Produktionsjahr2004
Dauer80min
FarbeFarbe
Format1.66 : 1
MaterialDigiBeta überspielt auf 35mm

Beteiligte Personen

Beteiligte Firmen

Distribution

Uraufführung11.02.2004, Berlinale
ErstausstrahlungMontag, 15.08.2005 auf arte
FestivalteilnahmenBerlinale: Forum, 2004

Inhalt

Inhalt"I. Wenn Museumswärter schlecht schlafen, dann träumen sie vermutlich von lärmenden Besucherscharen, die aus dem Museum ins Freie drängen und Hunderte von Kunstwerken davonschleppen, vorbei an allen Alarmsystemen, alle auf einmal, unaufhaltbar für alle Wärter der
Welt. Wenn der New Yorker Maler Steve Keene in einem Museum öffentlich malt und dann dort seine Bilder verkauft, gibt es Szenen, die wir vielleicht aus den Alpträumen der Museumswärter, eigentlich aber nur aus dem Winterschlussverkauf der sechziger Jahre kennen: Zu Hunderten drängen die Menschen herein zu den dicht mit Bildern behängten Wänden, vergleichen, tauschen, streiten sich darum, und kurz darauf sind die Wände kahl. Fünfhundert Steve-Keene-Bilder auf einmal haben dann ihren Weg nach draußen gefunden. Nun werden sie in Kinderzimmern, Arztpraxen, Küchen, Krankenhäusern und Kneipen aufgehängt oder weiterverschenkt.
Als Steve Keene 1999 zu Gast im Kölner Museum Ludwig war, malte er in drei Monaten fast neuntausend Bilder und verkaufte sie zu Preisen zwischen fünf und sieben Mark. An Studenten, Sekretärinnen, ältere Damen und kleine Buben. Am letzten Tag kamen seine Fans zu ihm wie
zu einem von ihnen verehrten Schlagersänger und überreichten ihm Blumen, Weinflaschen und andere Präsente. Manche fragten nach einem Autogramm, andere wollten ihn einfach nur einmal direkt ansprechen und sich bei ihm bedanken. Der Maler als Pop-Star. Und was machen seine Bilder?
II. Jan Peters, ein Deutscher auf Amerika-Reise, findet auf einem Hubschrauber-Schrottplatz in der Wüste von Arizona ein kleines Gemälde. Ein auf Sperrholz gemaltes Bild, ein Bilderrätsel: Zwei Cowboys in der Prärie, Öltürme, eine amerikanische Kleinstadt. Mittendrin ein Text: ‘ranger with underground city’. Der Text verbannt die leichenblasse Stadt unter die Erde, auf der der amerikanische Mythos galoppiert. Gleichzeitig scheint er die Stadt als einen Ort der Subkultur zu formulieren.
Jan nimmt das Bild mit, nicht ahnend, dass er sich damit eine Art Fernsteuerung ins Auto legt. Im Hotel Congress träumt er wilde Träume von Hubschraubern und von Rangern, die vom Himmel fallen, und am nächsten Morgen muss er feststellen, dass es seinen Ranger offenbar doppelt gibt: wieder ein kleines Bild auf Sperrholz, wieder zwei Cowboys, Öltürme, Kleinstadt – aber doch keine exakte Kopie. Zwei Originale.
Auf der Suche nach dem Geheimnis dieser Bilder kommt er immer weiter von seiner eigentlichen Route ab, verliert sich auf Wegen, die er nie gegangen wäre und begegnet Leuten, die er sonst nie getroffen hätte. Das Bild unter seinem Arm schickt ihn kreuz und quer durch Amerika, und er kommt sich dabei manchmal vor wie Alice im Wunderland. Nach und nach mehren sich die Hinweise, dass die Bilder des Malers etwas mit Musik zu tun haben. Einige Bilder sind nach Vorlagen von
Schallplatten gemalt: The Byrds, Neil Young, aber auch Donna Summer. Andererseits finden sich Schallplatten, deren Cover eindeutig von demselben Maler stammen. Im Lauf der Reise fügen sich die Informationen über den Maler, sein Konzept und das ungeheure Ausmaß seiner Produktion wie ein Puzzle zu einem Gesamtbild, zu dessen Bestandteilen auch die Besitzer der Bilder gehören: als aktive Mitspieler in einem einzigen großen Projekt des Malers. Und es scheint, als würde nun auch Jan Peters‘ eigene Reise immer mehr zum Teil eines grandiosen Szenarios.
III. Einem Fabrikarbeiter vergleichbar, steht Steve Keene zehn Stunden täglich zwischen seinen Staffeleien in einer riesigen Fabriketage und malt. Reihenweise nebeneinander gestellte Staffeleien durchziehen das große Atelier jeweils in einer Länge von zwanzig Metern. Die Staffeleien sind vollgehängt mit Sperrholzplatten unterschiedlicher Größe. Den meisten Platz beanspruchen Bilder, die zu Hunderten an Staffeleien und Wänden zum Trocknen hängen. Dazwischen überall Postkarten, Magazin- und Zeitungsfotos, Plattencover, herausgerissene Bilderbuchseiten und andere Vorlagen. Vertraute Motive aus unerschöpflichen Quellen, die an die Staffeleien geheftet sind und sich auf
den Bildern wiederfinden. Steve Keene bewegt sich zwischen den Staffeleien, als wären sie und er
Teil eines monumentalen, farbenprächtigen Gemäldes. In großen Eimern mischt er die Farbe, wirft einen kurzen Blick auf die Vorlage, malt den ersten Strich auf die erste Platte und wiederholt ihn vierzig mal durch die ganze Reihe, von links oben bis ganz rechts unten. Die heutige Kultur Amerikas entstand durch die Emigranten, die ihre regionale Kultur in die dort existierende einbrachten, woraus sich ständig neue Formen entwickelten. Steve Keenes Bilder sind wie Emigranten. Sie werden in die Welt hinausgeschickt, kommen neu in eine Gegend und treten dort in einen Dialog mit den kulturellen Gegebenheiten und Traditionen ihrer Käufer.
Eine ‘Madonna mit Kind’ von Steve Keene hängt beispielsweise in Missouri neben dem Kruzifix einer Großmutter über dem Kamin und ebenso in Seattle im Probenraum einer Rockband, neben dem Poster von Nirvana. Steve Keenes kultureller Hintergrund ist das Milieu der Independent Rock-Musiker. Von hier aus entwickelte er die Idee, bildende Kunst in einen der populären Musik vergleichbaren Zusammenhang zu stellen und seine Bilder wie Schallplatten zu verbreiten. Es wird deutlich, dass seine Arbeit nicht nur aus dem Milieu schöpft, sondern umgekehrt auch in die Arbeit und Lebenswelt anderer, auch international bekannter Künstler einfließt.
Die handwerkliche Massenproduktion, die Vertriebswege seiner Bilder und die Möglichkeit, originale Werke günstig kaufen zu können – dies alles macht Steve Keenes Kunst zu einem großen und langfristigen Experiment auf dem Terrain der gesamten amerikanischen Gesellschaft. Mit diesem Projekt lässt sich das Phänomen der Popkultur und ihre Verbreitung in der Gesellschaft ebenso spielerisch wie genau beschreiben.
Es ist die soziale Dimension von Kunst, an der Steve Keene interessiert ist. Mit dem gleichen Interesse versucht der Film diese Wege und Verbindungen in der amerikanischen Gesellschaft aufzuzeigen. Aus dem Lebensstil der Amerikaner und ihrem Verhältnis zu ihrer Kultur erklärt sich, warum Steve Keenes Projekt so viele Menschen anspricht." [Katalog Berlinale 2004]

Schlagworte

Fassungen

StandortHaus des Dokumentarfilms
 Ãœber Art, Zustand und Benutzbarkeit der Kopie informiert das Archiv.
 

Quellenangaben

Angaben zur QuelleKatalog Berlinale 2004
filmportal.de
Zweitausendeins.de