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Thomas Mitscherlich

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BiografieDarsteller, Regie, Drehbuch, Kamera, Ton, Produzent *11.12.1942 Heidelberg; †18.03.1998 Oberstein (Allgäu) "Thomas Mitscherlich wird 1942 als viertes Kind der Mutter Georgia und als sechstes Kind des Vaters Alexander Mitscherlich in Heidelberg geboren. Die Mutter war Pianistin, der Vater bei der Geburt Arzt, dann später zusätzlich Psychoanalytiker und Hochschullehrer. 1960-61 assistiert er dem Dramaturgen Claus Bremer am Stadttheater Bern. Danach absolviert Mitscherlich eine Lehre im Suhrkamp-Verlag in Frankfurt/Main. Daraus ergeben sich Tätigkeiten im Suhrkamp-Theater-Verlag. Während dieser Zeit ist er Mitarbeiter der "Neuen Bühne" und der Zeitschrift "Neue Kritik". 1965-66 arbeitet er als Volontär bei der Nachrichtensendung "Report" des Bayerischen Rundfunks in München. Seine ersten beiden Kurzfilme "Haus der Endlösung" (1966) und "Geld" (1968) entstehen während des Studiums 1966-69 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. In seinem ersten Film setzt sich Mitscherlich auf Anregung seines Lehrers Erwin Leiser als erster Filmstudent mit dem Haus in Berlin/Wannsee auseinander, in dem die "Endlösung der Judenfrage" beschlossen wurde. Sein zweiter Film behandelt auf satirische Weise seine Erfahrungen mit dem SDS. Er ist in dieser Zeit Mitglied des Studentenrates wie des Akademischen Rates der Akademie. Der Film fixiert den SDS auf das Kapital und auf den Film "Viva Maria", der als "großes Vorbild für die "subversive Aktion" galt". Mitscherlich machte daraus die "Analogie zwischen Geld und Scheiße beim analen protestantischen Charakter. Resultat: Keiner wollte ihn sehen." (Mitscherlich, Zwischenbilanz 1985) 1970-71 ist Mitscherlich Fachberater an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. In der Zeit entsteht der Dokumentarfilm "Ausbildung als Ausbeutung" (1970). 1971 dreht Mitscherlich seinen ersten längeren Dokumentarfilm für den SFB im Rahmen des Kinder- und Jugendtheaterfestivals in Berlin. "Keine Spiele zum Träumen: Ein Plädoyer für ein fortschrittliches Kinder- und Jugendtheater", dokumentiert anhand von zwei Gruppen aus Hamburg und Berlin, wie Kinder und Jugendliche Theater zu ihrer eigenen Sache machen können. Der zweite lange Dokumentarfilm für den SFB entsteht 1971-72. "Der Kampf um 11%" dokumentiert die bis dahin härtesten Arbeiterkämpfe in der BRD und rekonstruiert die Auseinandersetzungen mit den Unternehmern und innerhalb der Gewerkschaft. In dieser Zeit holt Mitscherlich das Abitur nach und beginnt ein Studium der Soziologie. Von 1973-76 ist er Mitarbeiter der Projektgruppe "Elternbildung im Medienverbund" des FWU, Berlin (Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht), der ein Medienpaket für Elternabende, Kindertagesstätten und Schulen erstellt. In dieser Zeit entsteht von 1973-74 der Dokumentarfilm "Wie man Löhne macht", der sich mit der Streikwelle der metallverarbeitenden Industrie im Sommer 1973 auseinandersetzt. 1974 zieht Mitscherlich mit seiner Lebensgefährtin Karin Dehnbostel nach Hannover. 1975 realisiert er den Dokumentarfilm "Wem gehört der Bauer?". Der Film versucht aufzuzeigen, wie sich ländliche Genossenschaften des 19. Jahrhunderts, gegründet als Selbsthilfe-Organisationen, zu Großunternehmen der Futter- und Nahrungsmittelindustrie entwickelt haben, in denen der einzelne Bauer immer weniger Einfluss auf die Geschäftspolitik hat. 1975 entsteht aus dem Projekt "Elternbildung und Medienverbund" eine Kurzfilmserie mit 16 Folgen, welche die Entwicklung des Kindes und die Beziehung zu seinen Eltern auf verschiedenen Ebenen thematisiert. 1976 folgt die Dokumentarfilm-Produktion "Erziehen ist nicht kinderleicht...", die ebenfalls versucht, Alternativen der Erziehung an zwei Schulen in Frankfurt und Hannover aufzuzeigen. Zusammen mit Soziologen, Politologen und Filmemachern gründet Mitscherlich 1978 in Hannover das Institut für audiovisuelle Kommunikation e.V. (IfaK), in dem er die Leitung übernimmt. In Zusammenarbeit des Instituts mit dem Kooperationsbereich Universität & Arbeitskammer, Bremen geht 1978-1981 die 5-teilige Kurz-Dokumentarfilmserie "Eine Gewerkschaft von innen" hervor, die er mit dem Dokumentarfilmer Günther Hörmann dreht. 1977 und 1978 geht es in den Produktionen "Der unanständige Profit" und "...nur noch die Hälfte wert", noch einmal um den Metalltarif in Baden-Württemberg und die Selbstbestimmung der Arbeitsorganisationen. 1979 zieht Mitscherlich nach Frankfurt/Main. Dort übernimmt er eine filmische Langzeitbeobachtung im Zusammenhang "Humanisierung des Arbeitslebens", gefördert durch das Bundeswissenschaftsministerium für Forschung und Technologie. Es beginnt eine mehrjährige Zusammenarbeit mit Soziologen, Ökonomen und Arbeitswissenschaftlern. Daraus resultiert 1980-82 in Co-Produktion mit dem IfaK und dem NDR die Dokumentarfilmserie "Langes Fädchen, faules Mädchen". Der Film begleitet fünf Schneiderinnen aus der Bekleidungsindustrie und dokumentiert ihre ursprünglichen Vorstellungen von ihrem Beruf, ihre Anforderungen in Beruf und Familie und die Entwicklung, die ihre Branche nimmt. Seit 1979 ist Mitscherlich Mitarbeiter des ersten Filmfests der Filmmacher in Hamburg. Mit Rolf Schübel ist er verantwortlich für den Dokumentarfilmteil "Kino für Kollegen". Bei der Entstehung des "Hamburger Filmbüros" ist er Gründungsmitglied. 1980 zieht Mitscherlich nach Hamburg und ist ständiger Mitarbeiter bei dem Aufbau des Hamburger Filmbüros und seit 1983 Mitglied des Auswahlgremiums der Hamburgischen Filmförderung. Von 1984-1987 ist er Vorstandsmitglied im Hamburger Filmbüro und seit 1986 Verwaltungsratsmitglied der Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst. Darüber hinaus ist er von 1984-1987 Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd. 1982-1984 entsteht der Essayfilm "Vater und Sohn", in dem sich der Regisseur zum ersten Mal selbst zu Wort kommen lässt. Es ist das Gespräch zwischen dem Soziologen/Filmemacher und seinem Vater, dem berühmten Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich. In diesem Jahr erstellt Mitscherlich zu der Veranstaltung der SPD "Nürnberger Friedensgespräch" acht Kompilationsfilme, welche die Programmblöcke einleiten sollen. Es sind Städteporträts von acht europäischen Städten, die im 2. Weltkrieg zerstört wurden. Ausgangsmaterial sind Wochenschauen und anderes historisches Film- und Fotomaterial. Nach der Dokumentarfilmserie "Untergang der AG Weser" (1984) wieder in Zusammenarbeit mit Günther Hörmann und dem Kurz-Kompilationsfilm "Der 8. Mai", folgt 1988 der Zwei-Teiler "Der Bunker": Ein Dokumentarfilm über einen Bunker in Bremen, in dem während des Zweiten Weltkrieges U-Boote produziert wurden. Zeitzeugen, frühere Arbeiter, KZ-Häftlinge sowie Kriegsgefangene berichten von ihren Erinnerungen. Nach dem Kurzfilm "September" 1989 entsteht in Kooperation mit dem Animationsfilmer Franz Winzentsen 1988-1989 der erste Spielfilm mit Animationsteilen "Der Fotograf". Es geht hier um die scheinbare Wahrheit, die sich jedem einzelnen Betrachter eines Mediums anders offenbart. Fotografien eines Vaters von der Geschichte einer Großwerft von den Anfängen bis zu ihrem Untergang werden in enger Verbindung mit der deutschen Geschichte dargestellt. Im Gegensatz zur Sichtweise des Vaters hinterfragt der Sohn die oberflächliche Darstellung der Fotos und interpretiert sie im geschichtlichen Kontext. Bei der späteren Entdeckung der Fotosammlung der jüdischen Freundin des Sohnes aus New York stellen sich die Fotos zwischen die Liebe der beiden. "Das Ergebnis ist ein über weite Strecken faszinierendes, fotografisches Vexier-Kammerspiel." (Süddeutsche Zeitung, 4. September 1989) Mitscherlich übernimmt von 1989-1997 die Co-Leitung am Bremer Institut Film Fernsehen. 1993 entsteht der zweite Spielfilm "Die Denunziantin" mit Katharina Thalbach in der Hauptrolle. Erzählt wird die Geschichte von Helene Schünzel, die den zivilen Kopf der Verschwörung, Carl Goerdeler, des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 denunziert. Nach dem Krieg wird sie gesucht, selbst denunziert und zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. Mitscherlich dreht 1995 einen Film um ein Leben nach den Lagern. "Ruth Krüger. Weiterleben nach Auschwitz" (1995) porträtiert die in Wien geborene Ruth Krüger, heute Literaturprofessorin in den U.S.A, und ihre Erfahrungen nach Theresienstadt und Auschwitz. Der Dokumentarfilm zeigt zugleich weitgehend unbekanntes Material von Kameramännern der US-Army der Befreiten in "Displaced Person Camps" in Deutschland. Sein letztes realisiertes Projekt "Reisen ins Leben. Weiterleben nach einer Kindheit in Auschwitz" (1996), knüpft inhaltlich an das Dokumentations-Material der US-Army aus dem letzten Film an. In dem Dokumentarfilm erinnert sich ein Kameramann der US-Army an die Befreiung der Lager und an die "Displaced Person Camps". Er spricht über seine Archivbilder, seine Gedanken und seine Gefühle von damals und heute. Ergänzend berichten drei Überlebende von ihren "Reisen ins Leben". Sie schildern die fortgesetzte Ausgrenzung, die sie nach Auschwitz erfuhren. Mitscherlich entwickelt 1998 das Filmprojekt "Asien in Mitteleuropa" im Zusammenhang mit dem Forschungs- und Dokumentationsschwerpunkt Cinematografie des Holocaust des Fritz-Bauer-Instituts Frankfurt/Main. Es geht um das "Bild als historische Quelle" und die heutige Sicht auf jüdisches Leben im Zweiten Weltkrieg. Ausgangsmaterial sind Aufnahmen eines amerikanischen Kameramannes und Filmmaterial der Nationalsozialisten. Deutlich wird die Kluft zwischen dem Blick der Nachkommen der Täter und der Nachkommen der Opfer. Mitscherlich legt in seinem letzten Lebensjahr in Kooperation mit Brigitte Kramer den Projektentwurf für ein Filmessay zu Wolfgang Amadeus Mozart vor: "Im Auftrag des Himmels" soll anhand des berühmten Komponisten das Phänomen des Mythos untersuchen. Am 18. März 1998 stirbt Thomas Mitscherlich im Alter von 55 Jahren an Herzversagen." [filmportal.de]
Linkshttp://www.filmportal.de/person/thomas-mitscherlich_5755034273c34a269d6ac2df002015ff
http://www.imdb.com/name/nm0594038/?ref_=fn_al_nm_1

Filmografie

Literatur

VerweisIm Strom des Unvorhersehbaren. Ein Gespräch zwischen Michael Girke und Klaus Wildenhahn. http://www.dokumentarfilminitiative.de (23.5.2012)